Craftbeer und das Brauhandwerk:
Warum das Natürlichkeitsgebot die wahre Braukunst ist

Craftbeer ist längst nicht mehr nur ein Trend, sondern steht für eine Rückbesinnung auf echtes Handwerk und natürliche Zutaten. Während Großbrauereien auf Effizienz, Kostensenkung und oftmals auch den Einsatz künstlicher Zusätze setzen, folgen viele Craftbeer-Brauer einem Prinzip, das sie zu den wahren Meistern des Brauens macht: dem Natürlichkeitsgebot. Es ist mehr als eine Alternative zum traditionellen deutschen Reinheitsgebot – es ist eine Feier der Vielfalt, Kreativität und Authentizität.
Das Natürlichkeitsgebot: Die Essenz der Braukultur
Anders als das strikte Reinheitsgebot, das den Brauprozess auf Wasser, Malz, Hopfen und Hefe beschränkt, erlaubt das Natürlichkeitsgebot Brauern, ihre Kreativität frei auszuleben, solange alle verwendeten Zutaten natürlich und unverarbeitet sind. Dieses Konzept hat vor allem in Ländern wie Belgien eine tiefe Verwurzelung in der Bierkultur, wo Brauer seit Jahrhunderten mit Früchten, Gewürzen und sogar Kräutern experimentieren. Hier stehen nicht starre Regeln im Vordergrund, sondern der Respekt vor der Natur und der Einsatz hochwertiger, naturbelassener Zutaten.
In Belgien finden sich zahlreiche Beispiele für Biere, die nach dem Natürlichkeitsgebot gebraut werden: Fruchtbiere mit Kirschen, Himbeeren oder Pfirsichen, sowie das berühmte Lambic-Bier, das mit wilden Hefen und Mikroorganismen in der Luft spontan vergoren wird. Solche Biere widersprechen dem deutschen Reinheitsgebot, sind aber dennoch ein Symbol für authentische, handwerkliche Braukunst, die sich durch Geschmacksvielfalt und hohe Qualität auszeichnet.
Chemikalien und Zusatzstoffe in der industriellen Brauwelt
Im Gegensatz dazu stehen viele Großbrauereien, die trotz des Reinheitsgebots Techniken und Zusatzstoffe verwenden, die weit vom natürlichen Brauprozess entfernt sind. Der industrielle Brauprozess setzt oft auf:
PVPP (Polyvinylpolypyrrolidon): Ein Kunstharz, das dazu verwendet wird, Bier zu klären und Proteine sowie Polyphenole zu entfernen, die Trübungen verursachen. Nach dem Einsatz wird es aus dem Bier gefiltert, doch seine Verwendung zeigt, wie weit industrielle Brauer gehen, um ein einheitliches Produkt zu schaffen.
Kieselsäure und Gelatine: Diese Stoffe werden als ebenfalls Klärmittel verwendet, um das Bier ansprechend zu klären. Sie werden zwar ebenfalls herausgefiltert, doch ihre Verwendung zeigt, dass die Optik oft über die Natürlichkeit gestellt wird.
Enzyme: In der industriellen Produktion werden Enzyme häufig zugesetzt, um den Brauprozess zu beschleunigen oder ungewollte Nebenprodukte zu eliminieren. Sie helfen, den Geschmack zu „standardisieren“ – etwas, was bei handwerklichen Bieren oft vermieden wird, da natürliche Variationen als Teil der Identität eines Craftbieres angesehen werden.
Diese Techniken führen zu einem Produkt, das zwar konstant und massenkompatibel ist, aber oft weit entfernt von der Handwerkskunst, die Craftbeer ausmacht.
Craftbeer-Brauer als die wahren Meister
Diejenigen, die dem Natürlichkeitsgebot folgen, stellen sich bewusst gegen diese industriellen Praktiken. Sie sind doch die wahren Meisterbrauer, weil sie sich für natürliche, oft regionale und saisonale Zutaten entscheiden. Anstatt auf chemische Zusätze oder industrielle Enzyme zurückzugreifen, setzen sie auf traditionelle Verfahren, die Zeit und Hingabe erfordern.
Indem sie nur auf natürliche Zutaten vertrauen, sind sie in der Lage, Biere zu schaffen, die reich an Aromen und voller Charakter sind. Jeder Sud ist ein Unikat, geprägt von den Zutaten, der Umwelt und der Hand des Brauers selbst. Das macht Craftbeer zu einem echten Erlebnis, das weit über das hinausgeht, was die meisten industrielle Biere bieten können.
Der Mehrwert für den Genießer
Für den Biertrinker bedeutet dies, dass er ein Produkt in den Händen hält, das mit Sorgfalt, Respekt vor der Natur und echtem handwerklichen Können geschaffen wurde. Wer ein Craftbeer nach dem Natürlichkeitsgebot trinkt, weiß, dass keine versteckten Chemikalien, keine künstlichen Klärstoffe oder Enzyme im Spiel sind. Stattdessen erlebt er die volle Bandbreite an Geschmacksnuancen, die die Natur zu bieten hat. Wer einmal den Unterschied zwischen einem nach dem Natürlichkeitsgebot gebrauten Bier und einem industriell hergestellten Produkt geschmeckt hat, wird verstehen, warum diese Brauer die wahren Helden der modernen Bierwelt sind.
Die Gesetzeslage in Deutschland: Was muss ein Craftbeer-Brauer beachten?

Das Reinheitsgebot hat in Deutschland eine jahrhundertealte Tradition und ist bis heute im Biersteuergesetz verankert. Es regelt klar, welche Zutaten im Bier verwendet werden dürfen. Nach den gesetzlichen Vorgaben dürfen Brauer, die Bier in Deutschland produzieren und verkaufen, für die Herstellung von untergärigem Bier nur Wasser, Gerstenmalz, Hopfen und Hefe verwenden. Für obergäriges Bier sind die Regeln etwas lockerer – hier dürfen neben Wasser, Malz, Hopfen und Hefe auch andere Getreidesorten wie Weizenmalz oder auch Zucker zur Karbonisierung verwendet werden.

  1. Biersteuergesetz (§ 9 BierStG):
    Hier ist das Reinheitsgebot im Kern festgelegt. Für untergäriges Bier ist es verpflichtend, nur die vier klassischen Zutaten (Wasser, Malz, Hopfen, Hefe) zu nutzen, während bei obergärigem Bier auch andere Getreidearten wie Weizen erlaubt sind. Zusätzlich dürfen keine künstlichen Zusatzstoffe wie Farb- oder Konservierungsstoffe verwendet werden.

  2. Regionale Unterschiede:
    In Bayern wird das Reinheitsgebot besonders streng gehandhabt. Brauereien, die dort ansässig sind, müssen sich an die strengen Vorschriften des Reinheitsgebots halten, auch bei der Herstellung von obergärigem Bier. In anderen Bundesländern sind die Vorschriften für obergärige Biere etwas gelockert.

  3. Exportbiere:
    Das Reinheitsgebot gilt vorrangig für den inländischen Verkauf. Biere, die ausschließlich für den Export produziert werden, unterliegen weniger strengen Vorschriften. Hier dürfen Brauereien theoretisch auch Zutaten verwenden, die nicht dem Reinheitsgebot entsprechen, solange die Biere ins Ausland verkauft werden.

Gibt es Ausnahmen?

Craftbeer-Brauer, die kreativ arbeiten und Biere mit Früchten, Gewürzen oder Kräutern brauen, haben zwei Möglichkeiten, wenn sie ihre Biere in Deutschland vertreiben wollen:

  1. Biere außerhalb des Reinheitsgebots als „Biermischgetränke“:
    Viele Craftbeer-Brauer umgehen die strikten Regeln des Reinheitsgebots, indem sie ihre Biere als „Biermischgetränke“ deklarieren. Hier dürfen auch natürliche Zutaten wie Früchte oder Gewürze verwendet werden. Diese Biere fallen dann nicht unter die strengen Vorschriften des Biersteuergesetzes, sondern werden als alternative Bierprodukte angeboten.

  2. Sondergenehmigungen:
    In einigen Fällen können Craftbeer-Brauer Sondergenehmigungen erhalten, um Biere zu brauen, die vom Reinheitsgebot abweichen. Diese Sonderregelungen werden aber nur selten erteilt und erfordern eine genaue Prüfung durch die entsprechenden Behörden.

Während das Reinheitsgebot den Brauern in Deutschland strikte Grenzen setzt, bietet das Natürlichkeitsgebot eine alternative Philosophie, die Brauern erlaubt, kreativ zu sein und mit einer Vielzahl natürlicher Zutaten zu experimentieren. Gleichzeitig sollten sich Verbraucher vor Augen führen, dass das Reinheitsgebot heutzutage mehr Marketing ist, als Realität und das die momentane gesetzliche Lage es vielen Craftbeer-Brauern in Deutschland sehr schwer macht, in den Markt einzusteigen. Craftbeer-Brauer, die nach dem Natürlichkeitsgebot arbeiten, bleiben stets dem Handwerk treu und schaffen Biere (oder eben Biermischgetränke), welche sowohl in Geschmack als auch in Qualität überzeugen.

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©2024 Wasserberg Brewing | Yannick Wasserberg

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